Blue Meadow – Colored Language
2000

Installation, blue lacquered corrugated cardboard, slide projection of 16 texts in a loop

Courtesy of Galerie Barbara Wien, Berlin


Installation view of Blaue Wiese – Farbige Sprache (Blue Meadow – Colored language), Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt am Main, Germany, 2000
Photo: Wolfgang Günzel




Blaue Wiese - Farbige Sprache

Maximale Anpassungsfähigkeit und kein Schamgefühl: Ich bin öfters unfreiwillig und zwangsläufig dumm, doof, naiv oder lustig gewesen aufgrund meines kulturellen Unwissens, und die dadurch verursachten Verhaltens- oder Sprachfehler. Ich sehe es oft als wichtige Aufgabe für mich an, dieses unüberwindbare Schamgefühl immer wieder zu bekämpfen.

Insulted in the restroom: Ich klopfe grundsätzlich an die Toilettentür. Bis jetzt habe ich mich nicht dran gewöhnen können, dass an der Tür durch die Farbe festgestellt werden kann, ob besetzt ist oder nicht. Als ich einmal unterwegs war, musste ich an einer Tankstelle auf die Toilette und habe natürlicherweise an die Tür geklopft. Eine Frau, die dort aufgepasste, hat rätselhafterweise einen riesigen Lachanfall bekommen.

In Korea sind viele Türen, egal ob privat oder öffentlich, nicht immer mit Schloss oder Schlüssel versehen, selbst wenn das Schloss da ist, wird es selten benutzt. Die Verteilung zwischen private und gemeinsamen Räumen ist unklar oder verdrängt durch enge Gemeinsammkeit.

Als ich ein zweites mal in der Heimat zu Besuch war, gab es viele Sachen , die ich beim ersten Besuch nicht wahrgenommen hatte.
unterschiedliche kulturelle Kollektivakustik - 'ups' und 'ach so' versus schmatzen und schlürfen:
1. Es war mir sehr auffällig, aber meinen Brüdern überhaupt nicht, nämlich das Schmatzen und Schlürpfen beim Essen. Es war, als ob ich in einem Sci-fi Film wäre. Was ich wahrnahm, war den anderen ganz und gar nicht bewusst.

2. Sie konnten es nicht aushalten, dass ich ständig 'ach so' und 'ups' sagte. Meine Behauptung, dass all diese Sachen unbewusst und spontan seien, war für meine Brüder völlig inakzeptabel.
3. Unsere Wahrnehmung war nie so verschieden wie damals.

"Das Konzept der durchlässigen Wand wird von vielen Architekten nicht nur an der Außenhaut der Gebäude, sondern auch in ihrem Inneren angewendet. Mit der Abschaffung der Bürowände verschwindet alles, was die Sicht versperrt; die ganze Etage wird zu einem einzigen offenen Raum, oder ein großer Raum in der Mitte wird von einem Kranz abgeschlossener Büros umgeben....Wenn jeder vom anderen überwacht wird, nimmt die Geselligkeit ab, denn das Schweigen ist dann die einzige Möglichkeit, sich zu schützen. Das Großraumbüro treibt das Paradoxon von Sichtbarkeit und Isolation auf die Spitze....Die Menschen sind umso geselliger, je mehr greifbare Barrieren zwischen ihnen liegen, .... wird der intime Kontakt gesteigert, so geht die Geselligkeit zurück."
-Richard Sennett

Eine Beobachtung ist eine Art von Schweigen, weil man in der Beobachtung meistens sich akustisch zurückzieht und sich visuell konzentriert, um das was passiert zu verfolgen. Beobachtung wird oft als unkommunikativ verstanden; sie ist aber ein wesentlicher Teil der Kommunikation und der Wahrnehmung. Eine mit Schweigen verbundene Beobachtung ist eine intensive Auseinandersetzung mit der Aussenwelt, nicht einfach Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber der Gesellschaft.
Ich spreche von der Beobachtung und bin ich nicht schweigsam.

Warum warum: Es war ein intensiver Versuch, mich einer neuen Gesellschaft anzupassen. Nicht nur aufgrung von grossem Interesse und Begeisterung, sondern auch mit gewissem Verzicht auf einige Hinterfragungen war vielleicht diese Anpassung für mich möglich. Aber das nicht erfolgte Hinterfragungen scheint zurück zu kommen, woauf ich immer noch nicht übereinstimmend antworten kann.
Wäre es anders gewesen, wenn ich länger das koreanisch-deutsche Wörterbuch statt deutsch-deutschen benutzt hätte, was damals sehr empfolen wurde!?
Die Sprache und Ausdrücke sind schon je nach der Kultur sehr verschieden, um adäquat zu übersetzen.

Fast vergessene Muttersprache, halbes Deutsch, vergebliches Englisch: So wie die meisten Witze gerade einen präzisen und scharfen Wahrheitsgehalt und damit verbundene Schmerzen implizieren, beinhaltet dieser Spruch ein brutales Schicksal mit dem unwiderstehlichen Sprachproblem eines im Ausland lebenden Menschen.

Lebensinhalte?: All diese Momente spontaner Fehlversuche mit der Sprache bereiten mir nicht nur ein paar nette Episoden, sondern auch ein Gefühl von meinem Inneren. Als ob diese Momente für mich eine Verbindung zum Ich herstellen würden.

Ich stehe an der Straße oder sitze im Auto und warte bis die Ampel blau zeigt. Sobald die Ampel ihre Farbe zu grün wechselt, sage ich immer mit grosser Freude "Blau": blaue Ampel

Der Ausdruck blaue Wiese wird eher in der Literatur verwendet als in der Alltagssprache. Die positive Bewertung der Farbe Blau wurde in diesem Fall in eine poetische Richtung erweitert, so dass man seine Emotionen wie Begeisterung und Bewunderung zum Ausdruck bringen kann.

Farbige Sprache: Das Vertauschen der Farbe Grün mit Blau ist mir im Kopf gebleiben und so ist mir die nicht leicht zu erklärende Lücke bei der Verbindung zwischen dem geistigen Antrieb zum Ausdruck, der sturukturellen Sprachverwendung und der visuellen Wahrnehmung bewusst geworden.

Unwissen ist kreativ - Klischee und Wahrheit
Wieso bedeutet Farbe Blau überhaupt etwas? Warum bedeutet sie dann vor allem in verschiedenen Ländern etwas anderes?! Obwohl mich die diversen konventionellen Farbinterpretationen nie interessierten, habe ich meine eigene Vorliebe zur Farbe und eine eigene Konnotation aus dem Bauch heraus entwickelt. Ich bin immer von dem ausgegangen, was ich weiss oder was ich bis jetzt erlebt habe.
Leider hat es oft nicht gereicht, um alle Sachen im Leben geschickt zu handhaben, aber manchmal hat es mir bestimmte Freiheiten garantiert.

Den eigenen Bedarf gestalten - Blueprint der Sprache: Blau von blueprint beschreibt einerseits wörtlich die Farbe der Architekturpläne, impliziert aber auch Hoffnungen und Zukunft. Durch die Verwendung des Wortes hat die Farbe Blau zusätzliche Bedeutung gewonnen, über die übliche beschreibende Sprachverwen-dung hinaus. Es beweist für mich, dass durch die bestimmte Intentionalität und Verwendungen ein neuer Bedarf an Ausdrucksformen kreiert werden kann, um bestimmte Interessen und eine eigene Innerlichkeit entfalten zu können.

Bestimmte Konsonanten sind für mich besonders schwer aussprechbar, weil die bei uns nicht existieren. Einer davon ist W. Also wird er fälschlich oft wie B ausgesprochen.

Apfel-Wissen ist eigene Verantwortung: Seit meinem Aufenthalt und dadurch erlebte Dinge im Ausland fühle ich mich in meiner Heimat wie der Griff Evas nach dem verbotenen Apfel in der Bibel, so dass ich mich in bestimmten Situation sehr exkludiert fühle Jeder Mensch trägt eine Last im Leben nachdem er seine ursprungliche Heimat verlassen hat, egal ob es das Paradies war oder nicht.


Further reading:
Sonderfarben
Katalog 1998-2001
Wiens Verlag, Berlin 2001
Text by Meike Behm, Martin Pesch, Jochen Volz and Peter Lütje
Design: Ade Hauser Lacour, Frankfurt am Main
German and English, 72 pages
ISBN 3-9806837-2-9


Exhibition history

1 Site – 2 Places, Galerie der Stadt, Sindelfingen, Germany, 2001

Blaue Wiese – Farbige Sprache (Blue Meadow – Colored language), Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt am Main, Germany, 2000


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